C++-Kernel mit GRUB
Die Programmierung eines Kernels in C++ unterscheidet sich in einigen Punkten von der mit C. Einen ausführlicheren Überblick zu den relevanten Unterschieden zu C gibt der Artikel C++. Dieses Tutorial arbeitet genau wie C-Kernel mit GRUB mit dem Bootloader GRUB.
Inhaltsverzeichnis
Kernel
Wir werden mit GCC und NASM arbeiten. Diese Programme können auch unter Windows (nach-)installiert werden, was allerdings einiges an Vorarbeit benötigt; siehe dazu C-Kernel mit GRUB.
Kernel.cpp
Da wir ja schon mit C++ arbeiten, wäre auch etwas OOP angebracht. Deshalb erstellen wir ein Klasse namens Video, die wir in einen Header stecken. Dadurch ist unsere kernel.cpp sehr übersichtlich: <cpp> // Einbinden unseres Header
- include "Video.h"
- include "Multiboot.h"
extern "C" void kernelMain(const Multiboot& multiboot_structur,
uint32_t multiboot_magic);
void kernelMain(const Multiboot& multiboot_structur,
uint32_t multiboot_magic)
{
if (multiboot_magic != MULTIBOOT_MAGIC) { // Fehler! screen << background(color::red) << color::white << "Fehler: Nicht von einem multibootfaehigem Bootloader geladen!"; return; }
// Textausgabe screen << background(color::light_gray) << color::blue << "Willkommen im C++-TestKernel!";
} </cpp>
types.h
Ein paar Typendefinitionen:
<cpp>
- ifndef TYPES_H
- define TYPES_H
/* Garantiert, dass ein Typ nicht gepaddet wird und somit exakt die Größe seiner Member hat */
- define PACKED __attribute__((packed))
typedef unsigned char uint8_t; typedef unsigned short uint16_t; typedef unsigned int uint32_t;
- endif
</cpp>
Video.h
Der Header ist dann doch etwas umfangreicher:
<cpp>
- ifndef VIDEO_H
- define VIDEO_H
- include "types.h"
namespace color {
enum type { black = 0x00, blue = 0x01, green = 0x02, cyan = 0x03, red = 0x04, magenta = 0x05, brown = 0x06, light_gray = 0x07, dark_gray = 0x08, light_blue = 0x09, light_green = 0x0A, light_cyan = 0x0B, light_red = 0x0C, light_magenta = 0x0D, yellow = 0x0E, white = 0x0F };
}
struct background {
inline background(color::type color) : m_color(color){}
color::type m_color;
};
class Video {
public: // Konstruktor Video();
// Destruktor ~Video();
// Leeren des Bildschirms, die Größe beträgt 80x25 Zeichen void clear();
// Textausgabe Video& operator << (const char* s);
// Vordergrundfarbe setzen Video& operator << (color::type color);
// Hintergrundfarbe setzen Video& operator << (const background& color);
// Ausgabe eines einzelnen Zeichens void put(char c);
private: // Zeiger auf den Videospeicher uint16_t* m_videomem;
// Y-Position der Textausgabe, je volle Zeile +80 unsigned int m_off;
// X-Position der Textausgabe, ab Zeilenanfang unsigned int m_pos;
// FB/BG-Farbe uint16_t m_color;
};
// Globale Instanz der Video-Klasse, Definition in Video.cpp extern Video screen;
- endif
</cpp>
Video.cpp
Die Implementierung der in Video.h definierten Memberfunktionen kommt in eine eigene Quellcodedatei:
<cpp>
- include "Video.h"
Video screen;
Video::Video()
: m_videomem((uint16_t*) 0xb8000), m_off(0), m_pos(0), m_color(0x0700)
{
//Bildschirm leeren clear();
}
Video::~Video(){ }
void Video::clear(){
// Füllen des Bildschirms mit Leerzeichen for(int i = 0;i < (80*25);i++) m_videomem[i] = (unsigned char)' ' | m_color;
// Zurücksetzen der Textausgabe nach links oben m_pos = 0; m_off = 0;
}
Video& Video::operator << (const char* s){
// Für jedes einzelne Zeichen wird put() aufgerufen while (*s != '\0') put(*s++);
return *this;
}
Video& Video::operator << (color::type color){
m_color = (static_cast<uint16_t>(color) << 8) | (m_color & 0xF000); return *this;
}
Video& Video::operator << (const background& color){
m_color = (static_cast<uint16_t>(color.m_color) << 12) | (m_color & 0x0F00); return *this;
}
void Video::put(char c){
// Wenn die Textausgabe den rechten... if(m_pos >= 80){ m_pos = 0; m_off += 80; }
// ...oder den unteren Bildschirmrand erreicht, gibt es // einen Umbruch bzw. es wird aufgeräumt. if(m_off >= (80*25)) clear();
// Setzen des Zeichens und der Farbe in den Videospeicher m_videomem[m_off + m_pos] = (uint16_t)c | m_color; m_pos++;
} </cpp>
Multiboot.h
Eine Header um die von GRUB an das Betriebssystem übergebene Multibootstruktur zu verwenden (siehe auch Multiboot):
<cpp>
- ifndef MULTIBOOT_H
- define MULTIBOOT_H
- include "types.h"
- define MULTIBOOT_MAGIC 0x2BADB002
struct Multiboot {
uint32_t flags; uint32_t mem_lower; uint32_t mem_upper; uint32_t bootdevce; uint32_t cmdline; uint32_t module_count; uint32_t module_address; /* etc... */
} PACKED;
- endif
</cpp>
Startup.cpp
Um die Konstruktoren bzw. die Destruktoren von globalen/statischen Objekten aufzurufen (siehe auch C++), wird die Funktion initialiseConstructors aus C++ benötigt. Diese wird später mit in den Kernel gelinkt und in der asmKernel.asm aufgerufen. Die Destruktoraufrufe von globalen/statischen Objekten werden absichtlich nicht aufgerufen, da es innerhalb des Kernels der Erfahrung von bluecode nach keinen Sinn macht bei (globalen/statischen!) Objekten den Destruktor zu verwenden. Falls man dies dennoch möchte kann man im Artikel C++ einer der beiden relevanten Abschnitte implementieren.
asmKernel.asm
Auch bei C++ kommen wir nicht um ein wenig Assembler herum:
<asm>
global loader ; Unser Einsprungspunkt extern kernelMain ; kernelMain() aus Kernel.cpp extern initialiseConstructors ; aus Startup.cpp
FLAGS equ 0 MAGIC equ 0x1BADB002 ; Magicnumber - Erkennungsmerkmal für GRUB CHECKSUM equ -(MAGIC + FLAGS) ; Checksum
section .text align 4 MultiBootHeader:
dd MAGIC ; Magic number dd FLAGS ; Flags dd CHECKSUM ; Checksum
loader:
mov esp,0x200000 ; Stack an die 2MB-Grenze platzieren push eax ; Multiboot-Magicnumber auf den Stack legen push ebx ; Adresse der Multiboot-Structure auf den Stack legen call initialiseConstructors ; Konstruktoren aufrufen call kernelMain ; kernelMain aufrufen
stop:
jmp stop ; Endlosschleife nach Beendigung unseres Kernels
</asm>
Kompilieren und Linken
Die asmKernel.asm:
nasm -f elf -o asmKernel.o asmKernel.asm
Video.cpp:
gcc -m32 -fno-use-cxa-atexit -nostdlib -fno-builtin -fno-rtti -fno-exceptions -fno-leading-underscore -Wall -Wextra -pedantic-errors -c -o Video.o Video.cpp
Kernel.cpp:
gcc -m32 -fno-use-cxa-atexit -nostdlib -fno-builtin -fno-rtti -fno-exceptions -fno-leading-underscore -Wall -Wextra -pedantic-errors -c -o Kernel.o Kernel.cpp
Startup.cpp:
gcc -m32 -fno-use-cxa-atexit -nostdlib -fno-builtin -fno-rtti -fno-exceptions -fno-leading-underscore -Wall -Wextra -pedantic-errors -c -o Startup.o Startup.cpp
Nun zu einer der wichtigsten Stellen, dem Linkvorgang:
Wir müssen asmKernel.o, Startup.o, Video.o und Kernel.o zu einer kernel.bin linken, die dann von GRUB geladen werden kann.
Unser Linkerscript (link.txt)
ENTRY(loader) OUTPUT_FORMAT(elf32-i386) OUTPUT_ARCH(i386:i386) SECTIONS { . = 0x0100000; .text : { *(.text*) *(.rodata) } .data : { start_ctors = .; KEEP(*( .init_array )); KEEP(*(SORT_BY_INIT_PRIORITY( .init_array.* ))); end_ctors = .; *(.data) } .bss : { *(.bss) } /DISCARD/ : { *(.fini_array*) *(.comment) } }
Wir teilen dem Linker mit, dass wir die Labels start_ctors, end_ctors in der Datei Startup.cpp haben und er diese beim Linken berücksichtigen soll. Außerdem wird die Liste der Destruktoren aus dem Kernel entfernt, da sie wie oben erklärt nicht verwendet werden. Nur noch ein kurzer Aufruf von LD, und wir haben unseren fertigen Kernel:
ld -T link.txt -o kernel.bin asmKernel.o Startup.o Video.o Kernel.o
Wie der Kernel nun mitsamt GRUB auf einer Diskette landet, kann im Artikel C-Kernel mit GRUB nachgelesen werden. Hier verfährt man einfach analog.